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Das Militär ...
oder
Was wir nicht brauchen!

Es ist eigentlich kaum zu glauben, aber es gibt auf der Welt einige wenige Staaten, die entweder arm genug oder besser klug genug sind kein "Militär" für sich zu beanspruchen bzw. zu benötigen:

Liste von Staaten ohne Militär (Wikipedia)

"Wissen Sie noch, wie’s geht?
Leutnant – Oberleutnant – Hauptmann – Major – Oberstleutnant – Oberst – Brigadegeneral – Generalmajor – Generalleutnant – General, sagt der Professor.
Sie weist in die Richtung der Feldherrnhalle. Und was ist ein Feldherr?
... – also? Sie trommelt mit den Fingern ungeduldig auf die Tischplatte.
Der Professor furcht die Stirn. Sein Glatzkopf überzieht sich mit feinen Schweißperlen. Laut Clausewitz, stottert er, ein an der Spitze des gesamten Krieges … oder eines Kriegstheaters … stehender General.
Ich pruste beim Wort »Kriegstheater«.
Meine Enkeltochter lernt das nie, sagt meine Großmutter. Sie gehorcht ihrem Ordnungssinn und betupft mit einer Serviette vorsichtig das Revers mit der Perlenbrosche, passend zu den kleinen Perlen an ihren feinen Ohrläppchen.
Stimmengewirr um uns, es ist laut. Ich gehe rasch zur Tür und blicke hinaus auf den Odeonsplatz. Da sind mit einem Mal so viele Leute, sage ich, es geht los.
Schon höre ich Blasmusik. Zahlen! ruft meine Großmutter. Auf zum Zapfenstreich!
Wir rennen los. Mein Pferdeschwanz schwingt. Die Tschinellen und Blasinstrumente übertönen das Klacken unserer Absätze auf dem Kopfsteinpflaster, meine Großmutter boxt sich mit gewohnter Heftigkeit durch, wir stehen in der ersten Reihe. Apropos, meine Großmutter genießt ihre Rolle, was ist ein Zapfenstreich?
Der Professor weiß es nicht." (Barbara Bronne, Feldherrnhalle, Berlin 2016)

Ist es nicht wunderbar, da gibt es eine völlig neue Generation junger Männer, die die Frage nach der inneren Hierarchie des Militärs auch nicht mehr beantworten kann! Selbst ein Zapfenstreich ist ihnen inzwischen wahrscheinlich eher fremd. Natürlich liegen die Hemden dieser Weicheier, die nicht mehr zwangsweise durch den Drill der Armee gelaufen sind, auch nicht mehr so „ordentlich“ nach ihrer „Grundausbildung“ im privaten Kleiderschrank, aber noch nie gab es einen deutschen Staat, in dem das Militär so vergleichsweise bedeutungslos und fast schon im Alltag gefährlich vergessen war wie in der modernen Bundesrepublik. Der Wegfall der Wehrpflicht war ein genialer demokratischer Streich, der dem Staat gespielt wurde. Erstmals bin ich der Befürworter eines solchen Staatsstreichs geworden.

Umso erschreckender ist es jezt allerdings, dass die Chancen zur weiteren konsequenten Demilitarisierung unserer Gesellschaft danach so wenig genutzt wurden, und sich selbst die ehemals linken Kritiker sowohl in SPD als auch bei den Grünen, aus Angst als „vaterlandslose Gesellen“ diffamiert zu werden, immer wieder als nur kritische Freunde der „Verteidigungs“armee Bundeswehr gerieren und faktisch anbiedern.

Irgendwie erinnert mich das an die Starfighter-Diskussionen, da bezog sich die Kritik auch nur auf die Tatsache, dass die Flugzeuge abstürzten und nicht darauf, dass sie im schlimmsten Falle ans Ziel gekommen wären und dort ihre tötliche Fracht auch tatsächlich abgeworfen hätten.

„Der Starfighter war der spektakulärste Kampfjet der Sechziger: Kein anderes Flugzeug war so schnell und stieg so hoch wie die F-104 - doch 116 Piloten kamen mit ihm ums Leben. Nicht nur deshalb wurde der ‚fliegende Sarg‘ zum Skandal für die Bundeswehr.“ (Thomas Thiel, Witwenmacher mit Stummelflügeln, 15.3.2009, https://www.spiegel.de/geschichte/50-jahre-starfighter-kauf-a-948207.html)

Debatten über die Kampfbereitschaft des „Witwenmachers“ Starfighter waren bereits von Bigotterie und Häme auf Seiten der kritischen Linken mit der impliziten Forderung nach funktionstüchtigeren und fehlerfreien Geräten für das Militär geprägt. In der Ägide Franz-Josef Strauß war mit dem Mißfallen daran natürlich die politische Ächtung des gesamten Systems des korrupten wirtschaftsmilitärischen Rüstungskomplexes und des damit verbundenen Weltbildes der damals noch deutlich konservativeren promilitärischen CDU/CSU gemeint. Die tiefe menschliche Sorge um Piloten und ihre Familien war schon damals bei der Kritik an der tötlichen Technik oft meist nur unehrlich vorgegeben. Soldaten wurden per se von dogmatischen linken Kritikern als Mörder und Unmenschen betrachtet, eine Aussage, die dann sogar auch noch gerichtlich legitimiert wurde, was ich bis heute persönlich für einen schweren Fehler halte. Es gibt den Staatsbürger in Uniform sicher sogar weit mehr als viele von uns Militärkritikern meinen, er meldet sich in unserer Armee nur leider allzu selten, und der Rechtsradikalismus und der Militarismus sind auch in der Bundeswehr wie in der konservativen Politik überhaupt wohl nur sehr schwer auzu"merz"en (hic!).

Obwohl das Militär an sich der eigentliche „Witwenmacher“ ist und bleibt, arbeitet man sich dann heuchlerisch in der Kritik an den zu wenig „wirksamen“ oder „nicht richtig funktionierenden“ Waffen ab, anstatt sich darüber zu freuen, dass die Bereitschaft mit Waffen Gewalt gegenüber Andersdenken oder Anderslebenden im eigenen Land oder gegen unsere Nachbarländer anzuwenden bei unseren jungen Leuten über die letzten Jahrzehnte deutlich abgenommen hat. Die Bundeswehr muß gar nicht erst künstlich schlecht gemacht werden, ihre schiere Existenz verkörpert vielmehr nach wie vor das häufig bedrohliche Scheitern von Politik und unser aller mangelndes Vetrauen in die menschliche Fähigkeit zu einem universellen militärischen Frieden.

Ja, es gibt leider eben immer noch Situationen der Notwendigkeit der Verteidigung von Menschenleben durch den Einsatz von Waffen durch Soldaten gegen Angreifer, und es gibt darüber hinaus sogar die Notwendigkeit von Auslandseinsätzen - möglichst durch die Vereinten Nationen legitimiert - zum Schutz von Menschen und ihren danach benannten Rechten, aber diese militärischen Handlungen - und eben keinesfalls rückholbare und vernichtende Kriege - sollten immer das „letzte Gebot“ bleiben, wenn alle anderen diplomatischen Mittel versagt haben.

Jeder Soldat, der auf eine demokratische Verfassung vereidigt und verpflichtet ist, muss sich zudem stets das individuelle Recht bewahren dürfen, unangemessene Befehle zu verweigern bzw. nicht auszuführen, bei für ihn - aufgrund seiner individuellen Moral und Ethik nicht einsehbaren und somit für ihn fragwürdigen konsequenterweise abzulehnenden militärischen Einsätzen.

Nach Hannah Arendt als Erfahrung und Einsicht aus dem 2. Weltkrieg und den an ihn geknüpften Holocaust, hat eben niemand das Recht des Gehorsams auf Befehle ohne eigene Einsicht in deren Notwendigkeit.

Auf keinen Fall sollte man den Verzicht auf die weltweite internationale Abrüstung und Entmilitarisierung von Gesellschaften kurzfristigen politischen Machtkalkülen unterordnen und erstere gar zur politischen Machterringung oder auch nur zum jeweilig befürworteten Machterhalt entsprechend opfern.

Ein aktuell sehr schwieriges Beispiel für die defaitistische Waffenpolemik ist die bigotte Debatte darüber, ob denn Soldaten, wie man behauptet, mit wenig zielgenauen Pistolen oder Gewehren ausgerüstet werden dürfen. Natürlich haben sowohl Soldaten wie auch zum Beispiel Polizisten ein Recht darauf möglichst unversehrt aus Kampfeinsätzen „für“ die Gesellschaft, also für uns alle, hervorzugehen, und insofern haben sie auch ein individuelles Recht auf möglichst „wirksame“ Instrumente für einen solchen Überlebenskampf. Also ist der Schutz vor technischen Fehlern sogar ein elementarer Menschenschutz. Nicht immer aber sind solche Einsätze, ob mit sicheren oder auch nur mit fehlerbehafteten oder "nur" ineffektiveren Waffen eben angemessen oder gar "gerecht", was immer das auch heißen und bedeuten mag.

Merkwürdigerweise vergessen diejenigen, die sich für das Ausmerzen solcher "nur" technischer Fehler einsetzen, mit durchaus denkbar gravierenden negativen Folgen für den einzelnen Kämpfer, im gleichen Kontext zeitgleich hingegen das größere und wichtigere humanistische Ziel der Abschaffung von Armeen "an sich" zu thematisieren. Die behauptete Zielungenauigkeit des Sturmgewehrs G36, wäre dabei eigentlich und insofern eher nur eine Banalität.

„Die Bundeswehr hat immer mal wieder gravierende Probleme mit ihren Gewehren und Pistolen. So taugt das Sturmgewehr G36, ein vollautomatisches Gewehr der Firma Heckler & Koch, offenbar für den Einsatz in Extremsituationen nur bedingt. Immer wieder beklagen sich Soldaten beim Wehrbeauftragten darüber, dass das Standardgewehr der Bundeswehr, eine Hightech-Waffe mit Kunststoffgehäuse, bei Dauerfeuer heiß laufe, sein Ziel verfehle oder nicht genügend Schlagkraft habe.“ (Das G 36 – Immer Ärger mit dem Sturmgewehr, http://www.afghanistan-connection.de/g36-immer-aerger-mit-dem-sturmgewehr/).

Korruption bei der Beschaffung neuer Waffensysteme und Nepotismus bei deren Begutachtung sind weder historisch neu noch an ein bestimmtes politisches System gebunden. Dass diese nun einer neuen Beobachtung und systematischen „surveillance“ durch neue politische Akteure, wie „transparency international“, unterzogen werden, ist eine sehr wünschenswerte politische Errungenschaft, und auch die Tatsache, dass vor allem die Grünen, als politische Kontrolleure und „Noch-Opposition“ auf Bundesebene, ihrem Anspruch bisher entsprechend nachkommen, ist mehr als erfreulich.

Das Sturmgewehr G 36, über das inzwischen zynisch und fast schon sarkastisch in Comedyshows gelächelt werden kann und darf, war und ist aber alles andere als ein „stumpfes Spielzeug“, denn sonst wäre es auch schon in der Vergangenheit kein Exportschlager für Militaristen und Terroristen in diversen Krisenregionen der Welt gewesen. Ich selbst bin kein Militärexperte, aber alle Veröffentlichungen in dieser Hinsicht deuten darauf hin, dass mit diesem nur scheinbar so ineffektiven Gewehr schon in der Vergangenheit erfolgreich und gezielt getötet und gemordet wurde. Mit Sicherheit haben sich zum Beispiel Georgische Soldaten noch Anfang dieses Jahrtausends stolz mit diesen illegal erworbenen "hervorragenden" deutschen Waffen gebrüstet (http://www.bits.de/public/articles/kw_nl/kleinwaffen-nl10-2-08.htm). Und auch zur Verwendung im Gegensatz dazu demokratisch legitimierte Soldaten rühmen diese Waffe, zumindest zum Teil - wahrscheinlich sogar mehrheitlich - bei ihrem Einsatz in vergangenen "Combat-Lagen", anders als dies die wissenschaftlichen Tests bezüglich der technischen Fehler zu zeigen scheinen. Diese Mischung aus Tätern und Opfern steht insofern sogar eher als Zeugen für die Nützlichkeit der inkriminierten Waffe bei ihren jeweiligen Einsätzen bereit.

„Seit Ende der 1990er Jahre ist das Sturmgewehr G36 von Heckler & Koch das Standardgewehr der Deutschen Bundeswehr. Die Soldaten haben Vertrauen in diese Waffe. Aus ihrer Sicht hat sich das Gewehr bewährt, auch bei Auslandseinsätzen etwa in Afghanistan. Vor mehr als vier Jahren sorgte das G36 jedoch für Negativ-Schlagzeilen. Versuche hatten gezeigt, dass die Waffe bei Hitzeentwicklung deutlich an Treffgenauigkeit verliert. Unter Druck schlechter Berichterstattungen in den Medien und ohne die Untersuchungsberichte weiterer Arbeitsgruppen und Kommissionen abzuwarten, kündigte die damalige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen die Ausmusterung des Gewehrs an. Schliesslich zeigte sich, dass die Bundeswehr-Soldaten im Gefecht keine Probleme mit dem Gewehr hatten und dadurch auch nicht gefährdet wurden.“ (Roman Deckert, G36 in Georgien: Lakmustest für die Bundesregierung, Oktober 2008, http://www.bits.de/public/articles/kw_nl/kleinwaffen-nl10-2-08.htm)

Auch die Grünen sind mit manch Konservativen in die technizistische Waffenkritik mit eingestiegen. Die grünen, oft selbsternannten Wehrexperten, die mir eigentlich schon dadurch sympathisch sein müssten, weil sie in Wirklichkeit vom Profibusiness des Tötens gar nichts verstehen, wollen scheinbar wieder eine Armee, bei der die Soldaten nicht nur zielen, sondern - mit endlich wieder scharf schießenden Gewehren - auch effizient und ohne technische Fehler töten können.

Die Forderung nach exakt treffenden „fehlerfreien“ Waffen, wie sie beispielsweise von der grünen Verteidigungspolitikerin Brugger in populistischer Manier gegen das „Verteidigungsministerium und die korrupte Rüstungsindustrie formuliert wurde, kann Grüne und Konservative zwar vereinen, aber sie wirft die Frage auf, ob sich ein solcher Verzicht auf die prinzipielle Entmilitarisierung der Gesellschaft als politisches Programm wirklich lohnt, oder nicht eher desorientierend ist.

Agnieszka Brugger: „Ja und das ist schon seit Jahren klar. Deshalb haben wir als Grüne dieses Thema in vielen Jahren alle paar Monate auf die Tagesordnung setzen lassen und mussten uns erst mal immer anhören, dass das alles nicht wahr sei, dass das Gewehr fehlerfrei und tadellos ist, dass die Munition beispielsweise die alleinige Ursache darstellt, und da sind wirklich noch viele Widersprüche aufzuklären, was auch die Strukturen in dem Haus angeht, wo immer wieder eine Beschaffungspolitik zu Gunsten der Rüstungsindustrie und zu Lasten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler betrieben wurde, aber auch ganz besonders zu Lasten der Bundeswehr.“ (Deutschlandfunk, Agnieszka Brugger, grüne Verteidigungspolitikerin, im Gespräch mit Dirk-Oliver Heckmann, 23.4.2015

Auf diese Weise spielt man auch noch als Kollateralschaden der sozialistisch/ kommunistischen politischen Partei „Die Linke“ direkt in die Hände, die ansonsten durch ihre kurzfristige Forderung der Abschaffung der Nato (ohne gleichwertige Friedensverträge zwischen allen Supermächten bzw. deren Armeen) und auch durch ihre Herkunft und Verweise auf die diktatorische und militaristische DDR politisch programmatisch unglaubwürdig ist. Für pazifistisch eingestellte „prinzipielle“ antimilitaristische Kriegsgegner ist „Die Linke“ aber leider inzwischen die einzige Partei geblieben, die auf eine Anbiederung bei den Militaristen in der Bundeswehr, die dort immer noch die Oberhand haben, vorerst verzichtet. Dies wird sich natürlich bei einer entsprechenden Regierungsbeteiligung sicher ebenfalls schon kurz- oder mittelfristig ändern, aber der Verzicht auf eine konsequente antimilitaristische Friedenspolitik bei den Grünen ist für mich auch deshalb eine verpasste Chance.

Grüne und linke Häme, wenn etwas bei der Bundeswehr schief läuft, sowie die mit Krokodilstränen vorgetragene bigotte Sorge um die Gelder der Steuerzahler und die damit verbundene Kritik an den „falschen“ Ausgaben zu „Lasten der Bundeswehr“, können nicht verhehlen, dass sich die modernisierte Linke im grünen Gewand nicht mehr direkt mit der historischen Aufgabe der grundsätzlichen Abschaffung von Armeen befassen möchte. Man verkriecht sich hinter Fehlern bei der Beschaffung und die inzwischen wohl auch nachweisbare Korruption dabei.

Auch der antidemokratische Einsatz des MAD zu Gunsten der Rüstungsindustrie machen es solchen Reduktionisten leichter sich in den Details zu verlieren, anstatt einen radikalen Schnitt weg von der Selbstversorgung der bundeswehrzentrierten Militärkaste zur Umwidmung von Rüstungsausgaben für wirklich soziale Zwecke zu bewirken.

Nun gilt groteskerweise die ursprünglich von Trump vehement geforderte kontinuierliche Erhöhung des Rüstungsetats in Europa auch noch als ein Freundschaftsakt zwischen dem amerikanischen und dem deutschen Volk oder den Europäern allgemein. Ganz Europa soll bei diesem Weg zurück in Richtung auf einen neuen und nur charmanteren Militarismus und Revanchismus mit auf die Reise genommen werden. Neue "Verantwortungen" zu übernehmen, bedeutet letztendlich neue Menschen mit neuen europäischen Waffen zu bedrohen. Frieden ohne Waffen, ist für viele politische Akteure zu einer solch unerreichbaren fast schon paradiesischen und damit unglaubwürdigen Forderung geworden, dass man sie am besten gleich aufgibt.

Verständlich ist das schon, denn diese Herausforderung scheint pragmatisch in ihrem absoluten Anspruch kaum lösbar. Ähnlich verhält es sich natürlich auch mit der sozialen Gerechtigkeit, die niemals, also nur asymptotisch zu erreichen ist, und dennoch sollte das allgemeine Grundsatzziel, das ja nur die Richtung der einzelnen Schritte dorthin definiert bzw. vorgibt, weiter erstrebt und kommuniziert werden. Historisch hat sich zudem gezeigt, dass auf dem Weg zu klareren und sozialeren Problemlösungen „radikale“ Eingriffe und letztendlich Beschlagnahmungen und Enteignungen von zu unrecht gegen die Gesellschaft erworbenem Eigentum unvermeidlich sind. Das nennt man gemeinsam notwendige und kluge Revolutionen und eben nicht die Plünderung von Einrichtungen oder Geschäften durch einen aufgehetzten Mob, die des braven Bürgers größte Angst bleibt.

Militärischer Gewaltverzicht ist in gewisser Weise ebenso radikal wie das Erstreiten von mehr sozialer Gerechtigkeit, denn auf Dauer muss den Generälen und Feldherren ihr gesamtes Instrumenten- und Waffenarsenal enteignet werden, und die „Säbel“ sollten dabei - etwa zum Schutz der "eigenen" Soldaten - nicht nur „geschärft“ werden.

Auch bei der Debatte um den Einsatz von Kampfdrohnen bei der Bundeswehr ist die Position der Grünen nicht eindeutig antimilitaristisch, denn man behält sich eine klare Entscheidung für spätere machtpolitisch geprägte Koalitionsverhandlungen vor:

„Grüne schlagen Haken. Debatte über bewaffnete Drohnen geht weiter. Habeck zeigt Verständnis für SPD-Bundestagsfraktion. Im Streit um die Bewaffnung von Bundeswehr-Drohnen zeigt sich die Bundesspitze von Bündnis 90/Die Grünen, die nach Ansicht vieler Beobachter auf eine Koalition mit CDU und CSU nach der Bundestagswahl 2021 hinarbeitet, auf einmal friedensbewegt. Grünen-Chef Robert Habeck zeigte am Freitag gegenüber der Deutschen Presseagentur (dpa) Verständnis für die Entscheidung der SPD-Fraktion im Bundestag, sich vorerst nicht für bewaffnete Drohnen auszusprechen. ‚Wir sehen die Bewaffnung der ›Heron-TP‹-Drohnen sehr kritisch‘, so Habeck. Das Verteidigungsministerium habe die Argumente der Kritiker »nicht wirklich ernst genommen«. Mit den bewaffneten Drohnen, die sich bisher im Einsatz befänden, seien völkerrechtswidrige Hinrichtungen vorgenommen worden, so Habeck. Es drohe »eine weitere Automatisierung des Krieges«. Gleichzeitig ließ der Grünen-Chef keine Zweifel an seiner rüstungspolitischen Zuverlässigkeit aufkommen. Eine Armee müsse einsatzfähig und gut ausgestattet sein, sagte Habeck. Es spreche aber etwas dagegen, »immer mehr Waffen anzuhäufen«. Bewaffnete Drohnen seien neue Waffensysteme. Habeck erklärte, es sei »dringend notwendig, international neue Initiativen für Regulierung, Abrüstung und Begrenzung zu starten«. Das sei Aufgabe der EU. Im Bundestag waren am Donnerstag abend zwei Anträge der Grünen und der Linksfraktion, die Bewaffnung von Drohnen grundsätzlich zu unterbinden, mit den Stimmen der SPD abgelehnt worden. CDU, AfD und auch die neue verteidigungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Siemtje Möller, sprachen sich für die Bewaffnung der Drohnen aus. Tobias Pflüger, verteidigungspolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke, nimmt Habeck und seiner Partei die Gegnerschaft zur Drohnenbewaffnung nicht ganz ab. Gegenüber jW verwies er am Freitag darauf, dass der sicherheitspolitische Sprecher der Grünen, Tobias Lindner, sich »heftig beschwert hat, dass die Bewaffnung der Drohnen doch entscheidungsreif sei und die SPD das jetzt doch entscheiden soll«. Habeck habe »fast schon entschuldigend« bekundet, dass man gegen die Bewaffnung der Drohnen sei. Offenbar liege den Grünen »schwer im Magen«, dass über die Frage bis zur Bundestagswahl nicht entschieden werde, so Pflüger. Der Streit könne so eine Belastung für die »nächste, voraussichtlich ›schwarz-grüne‹ Bundesregierung« werden. Der Linke-Politiker geht zudem davon aus, »dass die Kampfdrohnenfans in der SPD nicht aufgeben werden«. Sie würden gemeinsam mit Rüstungsindustrie und Medien weiter für die Bewaffnung kämpfen. »Dass hier ein solches Trommelfeuer beginnt, ist nur ein Anzeichen dafür, was noch alles folgen wird, wenn andere Projekte wie die ›nukleare Teilhabe‹ oder die Streichung von Rüstungsprojekten ernsthaft angegangen werden«, so Pflüger.“ (Kristian Stemmler, Grüne schlagen Haken, Junge Welt, Freitag, 12. Februar 2021).

Spannend ist und bleibt, ob es auf Dauer nicht doch noch einen Aufstand innerhalb der Partei der Grünen gegen den weiteren finanziellen und technischen Ausbau des Bundesheeres gibt. Ich persönlich werde aktuell - zwar weiterhin (mangels einer wirklich „liberalen“ und gleichzeitig „sozialen“ Partei in Deutschland) „grün“ und nicht „links“ wählen, weil ich ansonsten großes Vertrauen in eine grüne Führungsperson wie Robert Habeck habe (übrigens schon nicht mehr zu der politischen Karrieristin Freifrau zu Annalena von Baerbock), aber mir wäre dabei deutlich wohler, wenn mich auch meine antimilitaristischen und pazifistischen Freunde bei dieser Wahlentscheidung begleiten könnten, denen ich diesen Weg, wegen der inzwischen mangelnden Radikalität der Grünen in der Friedens- wie in der Sozialpolitik, nicht mehr vollen Herzens empfehlen kann.