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Der Mensch als "Einwegflasche" betrachtet ...


Menschen und Einwegflaschen unterscheiden sich eigentlich kaum.

Beide sind ursprünglich aus einem minimalen Stück Materie entstanden und in dieses kehren sie nach dem Ende ihrer jeweiligen Existenz auch wieder zurück.

Unmittelbar im Zustand ihrer Produktion und Entwicklung sind beide, der Mensch wie die Einwegflasche also in ihrer "Jugend" erst einmal relativ "heiß" bzw. sie werden künstlich heiß gemacht.

Sie blasen sich aus ihrer Preform/Urzelle auf bzw. sie werden aufgeblasen und erhalten dadurch eine gewisse voluminöse Form.

Aus der Preform wird die PET-Flasche

Am Ende ihrer Produktion schon unmittelbar nach ihrer Geburt erhalten beide einen sie jeweils bereits individuell prägenden Nabel. Beim Menschen sitzt dieser Nabel am Bauch, bei der Einwegflasche in der Mitte ihres Bodens.

Würde man mit einem sehr feinen Mikroskop hinschauen, dann wären auch die transparenteren Einwegflaschen - trotz ihrer fast immer gleichen bzw. sehr ähnlichen Erscheinung - durchaus im atomaren und molekularen Bereich individuell verschieden und insofern eindeutig unterscheidbar. Jede Einwegflasche hat bereits vor ihrer Befüllung durch das Schicksal eine gewisse jeweils eigene Prägung aus der sich sogar Restspuren ihrer technischen Entstehung ableiten ließen.

Wir Menschen wollen erst oft gar nicht wissen, wie wir genau technisch entstanden sind, oft ist das relativ unappetitlicher als die relativ saubere und hygienische Herstellung der Entstehung einer Einwegflasche unter laborartigen industriellen Fertigungsbedingungen. Kaum jemand will seine Eltern danach genau befragen, weil niemand wissen will, ob er eher in nüchternem oder betrunkenen Zustand, oder im Rahmen gewisser sexueller Praktiken bis hin zu etwaigen Perversionen entstanden ist.

Einwegflaschen aus Plastik bekommen wir Normalmenschen und Konsumenten vom Hersteller eigentlich gar nicht erst zu sehen. Erst das Gespräch mit einem befreundeten jungen Ingenieur für Verfahrenstechnik, der ihre Herstellung steuert, brachte mich darauf mich mit ihnen kurzfristig und kurzweilig pseudophilosophisch zu beschäftigen.

(Quelle: dierk schaefer - https://www.flickr.com/photos/dierkschaefer/2629301274/,
CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5539252)

Obwohl es inzwischen wahrscheinlich deutlich mehr Einwegflaschen aus Plastik oder auch aus Glas als Menschen auf der Erde gibt, weil jeder von uns - von den sogenannten "Entwicklungsländern" bis weit hinein in die hochindustrialisierte, sich selbst arrogant so bezeichnende "erste Welt" - im Laufe seines Lebens mehrere solcher Produkte benutzt, bleiben sie als das, was sie sind, stets unscheinbar im Hintergrund. Wie bei uns Menschen auch, macht sie erst das ihnen wirtschaftlich, kulturell und sozial aufgedruckte oder aufgeklebte Etikett zu dem was sie zu sein scheinen, nämlich käufliche Waren. Die Ästhetik der Waren u.a. auch in, auf oder mit unseren Einweg-Plastikflaschen ist das nicht mehr umgehbare geistige Mikroplastik, das virtuell längst in unseren Adern schwimmt. Die Prozesse der Vereinnahmung unserer Seelen auf diesem Wege hat kaum jemand besser als Wolfgang Fritz Haug beschrieben.

Nur die für die Sicherheitskontrolle im Flugverkehr als kleine 100 ml neu aufkommenden wiederbefüllbaren transparenten und von der Warenästhetik noch wenig berührten Reisefläschchen für die Toilettetaschen im Handgepäck führen uns vor Augen, dass eigentlich alle Einwegflaschen, auch aus Plastik, durchaus wiederbefüllbar wären. Wir tun dies zumeist nur deshalb nicht, weil wir mit dem Etikett, wie bei den anderen Menschen, die uns gegenüber treten, automatisch deren "Inhalt" als ihre Kultur und Ästhetik verbinden. Der einzelne nackte Mensch und die nackte Einwegflasche sind insofern erst einmal als "unschuldig" dafür zu betrachten. Und leider wirft man dann doch, wenn man aus der einen Einwegflasche etwas in eine andere Einwegflasche umfüllt, die erstere verachtend weg, so wie wir uns, wenn wir manchmal oder gar oft neue Menschen kennenlernen, die anderen Menschen, die uns eigentlich viel intensiver und länger vorher begleiten, allzu schnell ebenfalls vernachlässigen.

Einwegflaschen werden der Einfachheit halber im Prozess ihrer Individualisierung und Entstehung durch bzw. in eine leichte Aluminiumform gepresst. Dabei werden möglichst keine schweren und noch wertvollere Metalle als Werkzeug verwendet, weil durch letztere das Werkzeug sehr viel leichter und schneller in unnötige Vibration geraten könnte, und diese technisch materiell unerwünschte "Aufregung" die spätere Form unwirtschaftlich, nicht verwendungsgerecht und damit unbrauchbar machen würde.

Film über die Herstellung von PET-Flaschen

Bei Menschen wird diese Formbildung durch Bildung und Erziehung in ähnlicher Weise geleistet, in die sich der jeweilige Mensch hinein selbst "aufblasen" soll.

Der eigentliche Wert einer Einwegflasche entsteht aber nicht durch ihre hohle Form sondern erst durch ihre deutlich wertvollere "Befüllung" im Laufe ihres Lebens. Beim Menschen ist das eigentlich auch nicht gänzlich anders. Dazu sehen wir meistens fern, kommunizieren auf dem Smartphone miteinander und lesen bestenfalls Bücher oder gehen kulturell gebildet in Ausstellungen, Konzerte, ja sogar in ein Theater, obwohl wir eigentlich in diesem doch bereits selber schon seit unserer Geburt leben.

Oft wollen die Produzenten der Einwegflache Anomalien, also Flaschen, die nicht der gewünschten Norm entsprechen, möglichst frühzeitig aussondern, sie werden dann bereits vor ihrer eigentlichen Verwendung der Re-Granulatisierung zugeführt. Die beste Einwegflasche ist also die, die später zermalen als Plastikgries wieder zur Produktion neuer Flaschen verwendet werden kann. Bei Menschen ist das inzwischen leider nicht anders. Immer mehr Eltern verwenden die pränatale Diagnostik um so früh, wie wissenschaftlich und medizinisch irgendwie möglich, Gendefekte ihrer allzu wertvoll betrachteten Produkte möglichst vorzeitig auszuschließen und auszumerzen, was zumindest ethisch bisher durchaus umstritten ist. Bei der Einwegflasche können wir Menschen uns über ihre weitere Verwendung eher verständigen.

Im Laufe ihrer Entstehung sollen und müssen sich die Einwegflaschen relativ schnell abkühlen, damit sie "formstabil" bleiben und somit lange verwendet werden können. Am Ende ihrer Entstehung bleibt wie beim Menschen nur noch der Starrsinn der Form übrig. Auch der "reife" Mensch zeichnet sich durch eine gewisse fehlende Flexibilität aus, bis hin zum bekannten Altersstarrsinn. Einwegflaschen wehren sich höchstens durch die sie kennzeichnenden Knackgeräusche, wenn sie in unterschiedliche Temperaturkontexte gestellt werden, und dabei oft schon zumindest zum Teil bereits vorher "entleert" wurden.

Einwegflaschen werden durch ihr Leben erst einmal gefüllt, und dann sukzessive entleert, beim Menschen ist das in gewisser Weise nicht anders. Kurz vor ihrem Tod kehren sie praktisch in ihre infantile Ursprungsform, ohne die gewisse Füllung, die ihren besonderen Wert ausmachte, zurück.

Im Prozess ihres Sterbens hitzen sich beide noch einmal kurzzeitig auf. Die ihres Eigenlebens als "Behältnis" entleerte Einwegflasche wird bestenfalls relativ schnell, möglichst sofort entsorgt und regranulatisiert. Interessant ist mir die von einem Hersteller übermittelte Idee, eine Einwegflasche nur der Erkenntnis halber einfach mal bei einer gewissen Hitze auf einer dafür geeigneten Unterlage in den Backofen zu stellen, und dabei zu beobachten, wie sie relativ schnell wieder in den Zustand, in dem sie "unaufgeblasen" einmal war, zurückkehrt, also als ein formloser Klumpen Plastik.

Einwegflaschen sind auch wandlungsfähiger als man gemeinhin meint. War sie erst eine reine und klare Mineralwasserflasche kehrt die Einwegflasche als zermahlenes Granulat, und dann als Reinkarnation eines neuen Plastikgemisches - in gewisser Weise auch durch das Leben verschmutzt und verfärbt - als Gewürzflasche oder als Kosmetikfläschchen in einer neuen Form und neuen Verwendung in ein anderes und neues Leben zurück. Das Optimum für eine Einwegflasche ist insofern ihre "Reinkarnation", viele Religionen sehen das auch für den Menschen nicht anders.

Vor ihrer nachhaltigeren Verwendung gammeln viele "Einwegflaschen" quasi obdachlos geworden erst einmal in Wäldern, Flüssen und Meeren herum, bevor sie dann ganz langfristig, zumindest versprechen uns das ihre ökologisch reinwaschenden Hersteller so, mehr oder weniger vollständig durch den Einfluss von Naturgewalten, oder durch Reibung bzw. Hitze ganz selbständig zerfallen; und auch ohne direkte Weiterverwendung als neue Einwegflasche in die Natur oder den Kosmos molekular übergehen. Als Mikroplastik vereinigen sich Einwegflasche und Natur sogar. Auch der Mensch saugt in dieser Form die Einwegflasche zumindest in kleinsten Teilchen in sich auf, bevor er mit oder durch die u.a. durch Einwegflaschen erzeugten Mikroplastikpartikel dann selber vergeht.

 

Mikroplastik und andere Müllpartikel aus Sedimenten mitteleuropäischer Flüsse

(Quelle: Martin Wagner et al. - Wagner et al.: Microplastics in freshwater ecosystems: what we know and what we need to know. In: Environmental Sciences Europe. 26, 2014, doi:10.1186/s12302-014-0012-7, CC BY 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=39507778)

Haben "saubere" und "transparente" Einwegflaschen schon in der Produktion Fehler, so werden sie einfach wieder regranulatisiert, eingeschmolzen und neu aufgeblasen. Aus alten "kaputten" Flaschen werden dadurch neue "attraktivere" und normgerechtere. Wäre das nur mit uns alten Menschen auch so einfach! Die Evolution ist insofern ein hartes Brot. PET-Flaschen, die bereits länger in der Verwendung waren und durch ihre aufgedruckten Etiketten in gewisser Weise "verschmutzt" wurden, bringen nach ihrem Recycling als Nachfolger nur noch PET-Flaschen mit getönten Farben hervor. Manche Kunden der PET-Flaschen-Hersteller, wie die teureren Discounter, legen großen Wert auf die transparente Reinheit ihrer Mineralwasserflaschen, die Billigdiscounters hingegen - mit den sozial schwachen und benachteilgten "Billigkunden" vor Augen - akzeptieren für diese auch farbige Einschmutzungen, die dann ein scheinbar weniger sauberes aber dafür um so billigeres Wasser im Verkauf suggerieren. Das systematische Aussondern von nicht normgerechten Flaschen ist wie das Aussondern von an den Messlatten und Maßstäben des Kapitalismuns gescheiterten Menschen in der "neuen" West-Welt aber natürlich kein ungewöhnlicher Vorgang.

Einigen wenigen manchmal schon allzu frühzeitig "ausgesonderten", nicht norm- und der Gesellschaft "gerechten" Menschen bleibt oft in Heimen und Gefängnissen ein ähnliches Schicksal des zweit- und drittklassigen Lebens leider nicht vorenthalten und erspart. Sie werden der Einfachheit halber künstlich zumindest für eine gewisse Zeit, oft aber auch für immer aus dem "nützlichen" Leben entfernt; weil sie anders als die Einwegflaschen ja nicht sofort granuliert und recycelt werden können. Anstatt sie aber sinn-und liebevoll, geduldig und verständig in neue Lebenskontexte zu reintegrieren, überlässt man sie ihrem tristen Schicksal, bis sie dann von alleine irgendwann aus dem Leben scheiden und dann erst statt als Mikroplastik vor allem durch Mikroben zur Erde verrotten.

Was ist Mikroplastik?

Wie gefährlich ist Mikroplastik?

Mikroplastik ist überall

Mikroplastik – Eine (unsichtbare) Gefahr

Ob wir Menschen also nach unserem Tod als Ketchupflasche, als Behältnis für ein Haarwaschmittel oder als Flasche für Reinigungsmittel in Toilette und Küchenspüle wiederkehren, ob uns stattdessen die Bakterien im Grab noch einmal aufheizen, bzw. wir in einem Kremtorium gleich in unsere molekulare/atomare Ursprungsform als minimale unaufgeblasene Existenz durch die Verbrennung minimalisiert werden, oder ob wir letztlich wiederum anders in Form einer Seebestattung den Haien zugeführt und zugefüttert werden (die uns schon während unseres Lebens bedroht haben), bleibt, als Metapher gesprochen, ebenfalls allzu offen. Respektieren wir also die menschliche Existenz ebenso gründlich und zuvorkommend wie die bisher noch von vielen Konsumenten geliebte und bevorzugte Einwegflasche, die in Zukunft aus ökologischen Gründen so weit wie möglich der existenziell schwereren Mehrwegflasche weichen soll.

So sollten vielleicht auch die durch Erziehung, Bildung, Kommunikation, Kultur und Wissenschaft abgefüllten Einweg"flaschen" unter uns Menschen oft um so flexibler und auch für Veränderungen offener ebenfalls zu "MehrWege"behältnissen mutieren, auch wenn die allzu vollen "fülligen" Einwegflaschen im Leben doch leider immer auch schneller und bequemer zu leeren wie nachzufüllen sind als wir häufig meinen. "Flasche leer!", rief ein einschlägig bekannter italienischer Fussballtrainer, und verwies darauf, dass selbst unsere Stars und VIPs oftmals nur noch kaputt sind von der hektischen Fülle und irritierenden Vielfalt des Lebens.

Es könnte sogar sein, dass die eine oder der eine - auch unter uns Menschen - später mal als eine "geläuterte" und recycelte Einwegflasche wiederkehrt. Lasst uns alle also schon jetzt darauf anstoßen!

Prost!