(zurück zur Übersicht) Mein Bloghaus (zurück zur Übersicht)

 
 
     
 

Man darf den Opfern von Kriegen und Verbrechen
nicht die Deutungshoheit für deren Entstehung und die
notwendige Verurteilung der Täter überlassen!

Kriegsverbrechen sind nicht nur die Folge von Kriegen, der Krieg ist vielmehr selbst ein Verbrechen. Dennoch hat es historisch Sinn gemacht, besonders brutale Elemente der Kriege durch eigene Regeln zu ächten. Was aktuell in der Ukraine passiert, geht inzwischen wohl sicher über die "normalen" Verbrechen der Kriege "an sich" deutlich hinaus; dennoch obliegt die Verurteilung von vermuteten Kriegsverbrechen nach wie vor den Gerichten.

Völlig absurd ist es aber, wenn jetzt der an sich durch seine Durchhaltekraft so bewundernswerte demokratisch gewählte Präsident der Ukraine Selenskyj der von mir so wenig geliebten Frau Merkel und auch unserem Präsidenten Steinmeier, den ich lieber durch eine neue Präsidentin Göring-Eckardt ersetzt gewusst hätte, zumindest indirekte Vorwürfe macht, dass diese für den Krieg in der Ukraine mit verantwortlich seien.

 

 

Man kann die Wut und den Hass des Herrn Selenskyj auf die russischen Invasoren mehr als gut verstehen. Und bisher hat er sich ja auch in seinen Äußerungen und Handlungen in seiner so erstaunlich souveränen Gelassenheit von seinem Hass auf Putin und die ihn tragenden russischen Eliten und Oligarchen auch nicht weiter leiten lassen. Immer deutlicher wird indes, dass diejenigen, die von einem neuen "Narrativ" (mir sind Menschen ansonsten eh unsympathisch, die dieses Wort überhaupt verwenden) der Notwendigkeit "neuer" militärischer Stärke sprechen, und durch den unkritischen Blick auf die Situation nur der Opfer, den Putins dieser Welt immer mehr auf den Leim gehen, indem sie auf die richtigen und notwendigen differenzierten Analysen verzichten. Das nationalistische Geschwätz und die einseitigen Analysen der Angreifer und die entsprechenden Lügen, die den Angriff rechtfertigen sollen, rechtfertigen nicht die mangelnde Vorsicht durch die einseitige undifferenzierte Parteinahme zu Gunsten der Opfer.

Die aktuellen Kriegsverbrechen in der Ukraine stehen am Ende einer langen Kette von Fehlentscheidungen aller Seiten, Entscheidungen, die sich a posteriori leicht als Fehler beschreiben lassen; aber der Gegenstand von Entscheidungen ist ja die Tatsache, dass sie nur gegenwärtig und nicht rückwärtig getroffen werden können, und später ist man natürlich oft zwangsläufig klüger.

War es also falsch mit Russland Handel zu treiben? Sicher nein, auch wenn man durch Handel gegenseitig in gewisser Weise voneinander abhängig wird. Es war auch richtig den Versuch zu wagen, Putin vor westlichen Parlamenten auftreten zu lassen und zu versuchen ihn trotz erheblicher politischer Differenzen insofern als gewählten Präsidenten zu akzeptieren und quasi demokratisch zu befrieden. Ja, dieser Versuch ist jetzt zwar gründlich gescheitert, aber die Ursachen für die Wandlungen dieses schon zu Beginn unglaubwürdigen und unsympathischen Präsidenten von einem denunzierenden Geheimdienstler zu einem politischen Monster gehören eben später genauer analysiert und thematisiert, was den professionellen Historikern in den nächsten Jahren vorbehalten sein wird. Übrigens wird der Handel mit Kriegsverbrechern und illegalen Rüstungslieferanten in beispielsweise China, Saudi-Arabien, Frankreich, Großbritannien, Türkei, Deutschland, Israel, Serbien oder den USA auch weiterhin praktiziert, warum hätte deshalb mit Russland in der Vergangenheit eine Ausnahme gemacht werden sollen? Dass Selenskyj dies bezogen auf nur Russland inzwischen für einen Fehler hält, ist für ihn selbst mehr als verständlich, sollte uns aber weiterhin von der "Politik des Wandels durch Handel" in keiner Weise abhalten.

Schwieriger ist die Frage zu beantworten, ob man Russland - wie durch Putin schon vor Jahren gefordert - Mitte des letzten Jahrzehnts nicht doch zumindest vorläufig - z.B. durch einen Nichtangriffspakt mit entsprechenden Garantien vertraglich gesichert - die Krim und das Donezbecken (Donbas) auch ohne umfassende Sanktionen hätte überlassen sollen. Damit hätte man zwar einen gravierenden Bruch des Völkerrechts zugelassen und in gewisser Weise sogar sanktioniert, aber man hätte dadurch vielleicht dem Nationalisten, Populisten und inzwischen wohl auch Kriegsverbrecher Putin weniger Argumentations-"Material" für die dramatische Entfremdung von Russland und Europa an sich überlassen. Zudem wäre durch solch relativ einseitige Zugestängnisse der aktuelle Krieg in der Ukraine vielleicht auch weniger wahrscheinlich und die erhebliche Zahl von Toten mit den sogenannten zivilen Kollateralschäden vermieden worden. Dies im Nachhinein „sicher“ wissen zu wollen, ist natürlich ebenso absurd, aber es wäre vielleicht doch durchaus auch eine friedvollere Alternative gewesen, um dann um so konsequenter einen jahrelangen "diplomatischen Waffengang" zur Wiederherstellung einer vereinigten demokratischen Ukraine einzuleiten.

Jetzt steht aber wohl eher im Raum, ob die bisherige Vernunft Selenskyjs angesichts immer brutalerer Aktionen der russischen Armee einem opfergeplagten letzten Aufruf zu einem "guerre à outrance" (einem Krieg bis zum Äußersten) weicht, der noch keiner Nation bekommen ist. Der Versuch ist allzu veführerisch, aber eben falsch, nun doch noch zum Schutz der durch die Morde und Zerstörungen geschwächten Ukraine oder gar als Racheakt aufgrund der bereits begangenen Verbrechen ganz Europa als "Schutzmacht" ohne Mandat über die Nato-Grenzen hinaus zu involvieren.

Gegen die begangenen Kriegsverbrechen und den "begrenzten" Völkermord (soweit es so etwas überhaupt geben kann) zu agieren, bringt nach wie vor hohe Risiken einer Ausweitung zu einem Weltkrieg mit sich. Angesichts dessen ist die weitere relative Zurückhaltung manch westlicher Politiker und militärischer Entscheider mehr als nur unterstützenswert. Die Pariser Kommune ist übrigens 1870/71 an solchen verständlichen "letzten" Aufrufen zum Kampf gegen eine unmenschliche Besatzungsarmee mit ihrem Ring um Paris deutlich erlegen. Der Friede in Europa wurde aber dennoch trotz der antidemokratischen preußischen Bismarckhorden (zwei weitere Weltkriege inklusive) in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts zwischen Deutschland und Frankreich möglich. Wollen wir wirklich erst noch zwei weitere Weltkriege (wobei schon der nächste wahrscheinlich der "letzte" sein könnte) für einen solchen Frieden in Kauf nehmen, oder muss nicht auch weiterhin mit allen Mitteln an einer zumindest mittelfristigen Integration Russlands in das europäische Gebilde gearbeitet werden, anstatt sich jetzt ersatzlos, und nach wie vor auf Dauer brandgefährlich, von diesem Traum zu verabschieden.

Unterschätzt haben wohl wir alle darüber hinaus die militärische Inkompetenz, verworrene Orientiertheit und mangelnde Motivation der durch ihre Führung oft belogenen russischen Soldaten. Die Kriegsoligarchie Russlands hat jetzt allerdings dennoch - trotz ihrer militärischen Niederlage - einen neuen Schub in Richtung auf die politisch nationalistische Legitimierung des eigenen Systems bekommen, die sie sicher nicht für sich hätte in Anspruch nehmen können, wenn dort weiterhin wieder mehr die ökonomische und rechtsstaatliche Abwärtsentwicklung des Landes wie zuvor thematisiert worden wäre. Putin wird erschreckenderweise nun vorläufig weiterhin umso mehr in der Bevölkerung unterstützt. Die dortige Opposition, die trotz aller Schwierigkeiten und Behinderungen früher wenigstens auch in Russland spürbar war, ist jetzt durch die Kriegshetze und entsprechende Krisengesetze vollständig mundtot geworden. Das sind die neben den gravierenden Verbrechen, Zerstörungen, Folterungen und Ermordungen, dem Chaos des "normalen" Krieges, die soganannten wirklichen Kollateralschäden.

Jetzt erlebt die Welt außerhalb Russlands das bedrohliche Desaster, dass die Russen scheinbar in einer deutlichen Mehrheit wieder voll hinter ihrem Diktator stehen, so wie ein Großteil der Chinesen auch ohne demokratische Rechte die eigene Führung aus ebenfalls vor allem nationalen Erwägungen unterstützt. Immerhin ist Xi Jinping jedoch klüger als Putin, und scheint zu wissen, dass man das wirtschaftliche Wachstum und den damit verknüpften wachsenden Wohlstand für die gesamte Bevölkerung nicht einseitig der militaristischen Geopolitik opfern kann und darf. Der wirtschaftliche Niedergang Russlands durch Putins Kriegspolitik wird den Russen sicher schon bald eher in schlechter Erinnerung bleiben. Und ein Aufstand der Oligarchen gegen Putin, denen der weitreichende Verlust ihrer Pfründe droht, ist zumindest mittelfristig zu erwarten.

Das beste Beispiel für ein kluges geduldiges Vorgehen in einer Weltkrise - bei einer gewissen Akzeptanz von Ungerechtigkeiten und Nachteilen für die Betroffenen - ist das Zulassen einer Teilung Deutschlands durch einen Stacheldraht und die danach mit viel Geduld und einem politischen "Spiel auf Zeit" errungene Beendigung der sowjetischen Besetzung Deutschlands vor allem durch den Widerstand der Polen gegen die kommunistische Herrschaft dort und den klugen Michail Gorbatschow. Diese Befreiung ganz Mittel- und Osteuropas, die ja immer noch nach wie vor allzu albern als die rein deutsche "friedliche Revolution" gefeiert wird, wurde durch eine Ostpolitik errungen, die anstatt mit Maximalforderungen zu arbeiten, auf den bedachtsamen Ausgleich setzte. Wir Deutschen wissen gar nicht, wie viel wir für diese Befriedung an der innerdeutschen Grenze insbesondere den Polen und den Russen mit einer geänderten Weltsicht und deren Verzicht auf einen militärischen Revanchismus zu verdanken haben. Der Westen musste letztendlich nur auf das ökonomische Ende und den wirtschaftlichen Konkurs der östlichen Staaten warten, und genau diese Strategie hätte man auch in Hinsicht auf die Probleme der Ukraine wahrscheinlich wohl eher verfolgen müssen. Kriege sind eben oft die Folge von Unnachgiebigkeit und des Beharrens auf das eigene Recht. Schließlich hat die Tatsache, dass der Westen, der der Sowjetunion die DDR und insbesondere Ostberlin für einige Zeit (sprich ca. 25 Jahre) mehr oder weniger kampflos (trotz der menschenrechtlichen Problematiken, die damit verbunden waren) „klug“ überlassen hat, dazu geführt, dass Europa in der Folge der Zäsur durch "die Mauer" eine lange Friedensperiode beschert wurde. Man stelle sich nur vor, was damals passiert wäre, wenn die amerikanischen Panzer zum Zeitpunkt des Bauens der Mauer für die Wiedervereinigung Deutschlands über den Checkpoint Charlie hinaus nach Ostberlin militärisch vorgedrungen wären, nachdem die russischen Panzer schon am 17. Juni 1956 in Deutschland militärisch für "Ordnung" gesorgt hatten. Wir hätten dann wahrscheinlich ähnliche Massaker in Deutschland wie jetzt in der Ukraine erlebt. Auch Korea kann mit einer solchen ansonsten sicher nicht wünschenswerten Teilung leben, ohne dass es zu einem gravierenden neuen Waffengang zwischen den Blöcken gekommen wäre.

Nachteile, gewisse Verletzungen und Ungerechtigkeiten im internationalen Umgang miteinander - unter Umständen sogar auch vermittelt über "schlechte" oder zu vage Verhandlungsergebnisse - sind immer noch besser als das sich jetzt durch den Krieg dramatisch zuspitzende Chaos. Dieses Leid haben in der Folge vor allem die Ukrainer zu ertragen. Das aktuelle Versagen des Westens liegt folglich nicht in den mangelhaften Waffenlieferungen als Resonanz auf die kriegerischen Ereignisse oder gar dem "Verzicht" auf den eskalierenden militärischen Eingriff, sondern in der nur halbherzigen politischen, ökonomischen und sozialen Unterstützung, die man statt umfassenden Hilfs- und Aufbauprogrammen vorab weder den Ukrainern noch den Russen anders als anderen mittel- und osteuropäischen Regionen in einer angemessenen Weise durch die Staaten der EU hat zukommen lassen.

Rechtsstaatlich ist eben nicht eine Auge-um-Auge-, Zahn-um-Zahn-Politk sondern selbst dem übelsten Rechtsbrecher muss der Bruch des Völkerrechts, begangene Kriegsverbrechen, oder gar Völkermord rechtsstaatlich lückenlos nachgewiesen werden, und Putin gehört auch nicht öffentlich geköpft oder aufgehängt, sondern durch ein faires Verfahren, das er seinen Gegnern nie hat zukommen lassen, für den Rest seines Lebens hinter Gitter gebracht. Wie generös war der Rechtsstaat zudem im Umgang mit Honecker, der mit seinen Opfern keinen Pardon kannte, und trotzdem aufgrund seiner Krebserkrankung aus der an sich berechtigten Haft entlassen wurde. So etwas zeigt die notwendige Größe von "Siegern", die dem langfristigen Frieden dient. Und gehen die „Sieger“ nicht schnell daran die negativen Ursachen von Kriegen durch die Demokratisierung und die gerechtere wirtschaftliche Gestaltung von sozialen Lebensbedingungen bei den Siegern „und“ den Verlierern gemeinsam zu bekämpfen, dann wird aus dem heutigen Sieger alsbald der Verlierer von morgen.

Unter Historikern ist inzwischen mehr oder weniger die Tatsache unumstritten, dass die Ungerechtigkeiten und mangelnde Einsicht in Hinsicht auf die Mitverantwortung für den Krieg auf Seiten auch der Siegermächte im Rahmen der Versailler Verträge, den populistischen Primitivierern in Deutschland die nötige argumentative Munition geliefert haben, die letztendlich das Aufkommen des verbrecherischen Nationalsozialismus noch einmal deutlich gefördert hat. Viele, vor allem ältere Russen haben bis heute die Schmach nicht verkraftet, dass Europa, das ihnen historisch durch Napoleon und vor allem Hitler so viel Leid zugefügt hat, sich inzwischen zur arroganten wirtschaftlichen Siegermacht erklärt hat, das nun meint, dem Osten alle Entwicklungsbedingungen diktieren zu können. Wer diese Wahrheit nicht anerkennen will, der wird nie eine vernünftige Erklärung dafür bekommen, warum immer noch so viele Russen blind sind für die Verbrechen, die Putin im Namen seiner Nation aktuell begehen lässt.

Es tut uns Deutschen zudem richtig gut, dass jetzt die Russen zu den historisch Bösen werden, nachdem wir viele Jahrzehnte lang diese Rolle zu Recht als eine gewisse Strafe für die Taten unserer Armeen haben übernehmen müssen. Wie aber sieht man die Ukrainer in diesem Prozess? Noch immer gehört zu den dummdeutschen Wahrnehmungen, dass wir neben den Juden und vielleicht noch "Zigeunern" nur den Polen und Russen "Böses" angetan hätten, die Ukrainer kamen in dieser Westsicht nicht vor, weil sie in der Primitivität mangelnder westlicher Differenziertheit eben auch "nur" Russen für uns waren. Progrome an Homosexuellen, Serben oder Griechen werden dabei nebenbei auch noch ganz ausgeblendet.

Bis heute entsprechen wir nicht den angemessenen Reparations- und Wiedergutmachungsforderungen für die davon betroffenen Opfer. Endlich sind wir wieder dabei historisch eine "reine Weste" zu bekommen. Wir werden plötzlich zu so etwas wie einer neuen eher fragwürdigen moralischen Instanz, auch wenn ich persönlich sicher nicht leugnen kann, dass die Bundesrepublik Deutschland eine gerade wundersame positive Demokratisierung in der Nachkriegszeit durchlaufen hat. Ja, wir sind der Ukraine sicher einiges schuldig, aber sicher nicht, um nun im Umkehrschluss zum militärischen Schutzschild zu werden, das nun mit einem aggressiven indirekt eigenen Waffengang und der damit verbundenen "Wumms"-Aufrüstung ganz Russland quasi "als Rache" für Putin attackiert. So etwas nennt man unter Historikern eigentlich präzise einen "Revanchismus", und mit der Revanche beginnt der alte unnötige und unerwünschte Konflikt stets wieder neu.

"Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, kritisiert, sein Volk werde beim Gedenken an den Zweiten Weltkrieg kaum berücksichtigt. Deutschland müsse sich seiner historischen Verantwortung gegenüber der Ukraine stellen, sagte er im Dlf. Es habe dort acht Millionen Kriegsopfer gegeben. ... In vielen Ländern finden heute Gedenkveranstaltungen zum Ende des Zweiten Weltkriegs statt. Der Vernichtungs- und Eroberungskrieg, den die Deutschen begonnen hatten, kostete mehr als 60 Millionen Menschen das Leben. Aus deutscher Sicht hatte 1985 der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker in seiner mittlerweile historischen Rede eine Zäsur beim Gedenken an das Kriegsende gesetzt. Der 8. Mai 1945, sagte Weizsäcker, sei ein Tag der Befreiung – eine Bewertung, die selbst noch 1985 in Deutschland für heftige Kontroversen sorgte. Heute ist das anders, aber in vielen osteuropäischen Ländern wird der 8. Mai 1945 auch durchaus ambivalent betrachtet. So auch in der Ukraine. Andrij Melnyk ist Botschafter der Ukraine in Deutschland und er sagt: Im historischen Gedächtnis Deutschlands herrsche in Bezug auf die Gräueltaten der Nazi-Barbarei in der Ukraine ein riesiger blinder Fleck: 'Jedes fünfte Opfer in Europa ein Ukrainer'" (https://www.deutschlandfunk.de/zweiter-weltkrieg-in-der-ukraine-ein-riesiger-blinder-fleck-100.html)

Aber es gibt eben keine bösen Völker, sondern nur Verbrecher in Form von Tätern und Mitmachern. Wer dazu gehört entscheiden in erster Linie die Gerichte und in zweiter Linie die politische Moral aller Beteiligten. Deshalb gilt es zuförderst im Rahmen einer neuen Friedenspolitik die zu ehren und zu loben, die schon in der Vergangenheit und selbst aktuell unter schwierigsten Bedingungen, z.B als Russen in seinem Reich, Putin den Mittelfinger ob im In- oder im Ausland zeigen.

Russische Oligarchen:
The Forbes Ultimate Guide To Russian Oligarchs

Wir aber machen nach wie vor gerne weiter Geschäfte mit den schuldigen Oligarchen in ganz Mittel- und Osteuropa, so als ob nur die auf der Sanktionsliste stehenden Personen Diebe und Verbrecher wären. "Saubere" Oligarchen gibt es nicht, so wie es auch keinen historisch entschuldbaren Raubadel oder entsprechende Wirtschaftsmagnaten im Westen gibt; denn ein Grundsatz ist unantastbar: Die wirtschaftliche Wertschöpfung gehört immer dem ganzen Volk das diese Leistung erbracht hat, und sollte insofern auch gerecht in diesem Volk verteilt werden. Alles andere ist ungerecht, auch wenn viele Verfassungen das Eigentum immer noch nach wie vor "grundsätzlich" und leider damit eben auch das erschlichene, erpresste und gestohlene Eigentum unangemessen schützen.

Nicht sanktionierte russische Oligarchen lt. Forbes

Kürzlich haben meine Frau und ich während unseres Skiurlaubs im Hard-Rock-Hotel in Davos übernachtet. Ein Kellner, der mutig genug war Informationen weiterzugeben, die sogar seinen Arbeitsplatz gefährden würden, machte uns darauf aufmerksam, dass die gesamte Hard-Rock-Hotelgruppe und die damit verbundenen Unternehmen in den Händen schmutziger Oligarchen und enger Freunde von Putin sind. Ganz selbstverständlich arbeiten solche Unternehmen aber im Westen auch während der Morde russischer Soldaten an Ukrainern mehr oder weniger unangetastet weiter, und Oligarchen aus ganz Mittel- und Osteuropa bereichern sich beispielsweise nach wie vor ebenso ungestört an Immobilien in meinem Berliner Umfeld.

Wie schwierig die Bewertung von kriegerischen Konflikten ist, habe ich durch einen guten Freund meines kürzlich verstorbenen palästinensischen Freundes, der vor seinem Tod selbst sein ganzes Leben nur den Krieg mit Israel kannte, und dennoch nicht zu einem Judenhasser wurde, kennengelernt. Dieser Freund meines Freundes stammt aus dem Irak. Und als ich ihm erklärte, warum ich insbesondere gegen eine deutsche Beteiligung am zweiten Irakkrieg war, warf er mir vor, dass ich doch eigentlich sehr bigott sei. Er sei glücklich dass der irakische Schlächter und der seine eigene Bevölkerung terrorisierende und knechtende Saddam Hussein endlich entmachtet sei, und ich duldete hingegen - für ihn völlig unerklärlich - den Frieden romantisierend als historische "Ausnahme" nur den kriegerischen Sieg der Alliierten über Hitlerdeutschland. Übrigens äußerte sich in gleicher Weise auch der hoch angesehene gehbehinderte amerikanisch/kanadische Sozialpsychologe Prof. Percy Tannenbaum (ein sehr enger Freund meines Doktorvaters), ein säkularisierter Jude, als ich ihn mit dem Rollstuhl über den jüdischen Friedhof in Berlin Weissensee schob. Er hielt alle "friedliebenden" Deutschen mit ihrer "Enthaltung" angesichts der Verbrechen von Hussein nur für verlogen.

Doch zurück zum rechtsstaatlichen Rahmen, der ja eigentlich historisch dazu gedacht ist, dass der „kleine Mann“ vor staatlicher Willkür geschützt werden kann, und dadurch auch das Chaos des gegenseitigen Umgangs mit Keule und Bogen vermieden werden sollte. Man stelle sich also vor, die Familie eines Opfers, das im Affekt des Täters getötet, vergewaltigt oder sonstwie verletzt wurde, hätte das vorrangige Recht das entscheidende Urteil über den Täter zu sprechen. Damit wäre das ganze Konzept von Resozialisierung und Rechtsstaatlichkeit automatisch außer Kraft gesetzt.

Ja, es kann sein, dass Merkel politische Fehler im Umgang mit Putin gemacht hat, aber der werfe den ersten Stein, der zum Zeitpunkt der Entscheidungen bezüglich der Ausweitung des Ost-West-Handels, der in Wirklichkeit eher ein West-Ost-Handel gewesen ist, schon gewusst hätte, dass der Versuch der Integration eines Russland unter Putin zu den aktuellen Verbrechen der Russen in der Ukraine geführt hätte.

Nur mit einem Nebensatz sei noch erwähnt, dass durchaus auch ukrainische Soldaten unter dem Verdacht von Kriegsverbrechen stehen. Noch schaudert mir deshalb insofern immer noch bei der vor Millionen von Fernsehzuschauern durch Videos in den Nachrichten erlebbaren Szene der gezielten Schüsse von scheinbar ukrainischen Soldaten auf die Beine von ebenso scheinbar gefesselten russischen Soldaten (ausgestrahlt in der ARD), sofern dies nicht doch auch nur ein medialer Fake war. Vor der gerichtlichen Überprüfung weiß man so wenig was „wirklich“ in einem diffusen Krieg passiert ist. Offen ist durchaus auch, ob die Verbrechen an der Zivilbevölkerung in der Ukraine von Putin nachweisbar bereits anfänglich persönlich direkt angeordnet wurden, oder ob er als oberster Kriegsherr nur "grundsätzlich" dafür Verantwortung trägt. Denkbar ist nach wie vor, ohne die Fakten der Einsatzbefehle genau zu kennen, dass russische Soldaten vor lauter Angst und im Angesicht toter soldatischer Kameradinnen und Kameraden einen derartigen Hass entwickelt haben, dass sie sich - auch ohne direkte Anweisung zu solch verbrecherischen Handlungen wie Folterungen, Vergewaltigungen und sadistischen Tötungen berechtigt und befähigt fühlten. Warten wir also in der Beurteilung, wie in Rechtsstaaten ansonsten üblich, die Entscheidungen und Strafurteile später einzusetzender internationaler Gerichte ab. Der Ekel in Hinsicht auf die Entmenschlichung von Menschen durch den Krieg, ob dies nun „Täter“ oder „Opfer“ sind, bleibt indes die richtige Reaktion. Ja, auch für ein Attentat auf einen Hitler, Pol Pot, Hussein oder auch Putin gäbe es durchaus viele gute moralische Argumente, und solch ein Attentat wäre unter gewissen Umständen zur Vermeidung weiterer Verbrechen auch in gewisser Weise legitimierbar. Aber nach wie vor wäre mir persönlich ein Putin hinter Gittern und die entsprechend detaillierte Aufarbeitung seines Verrates am russischen Volk deutlich lieber.

Wem aber die hier vorgetragenen Argumente gegen den Krieg nur "zu moralisch" und damit gemeint "romantisch" sind, der lasse sich doch einmal die Kosten und den Preis einiger historischer Kriege durch die Dokumentationen mit den Links weiter unten journalistisch vorrechnen. Man höre dabei insbesondere den wie ein guter Wein nachgereiften geläuterten professionellen Beteiligten an diesen Kriegen und deren historischen Beobachtern zu, die alle mehr oder weniger unisono aussagen, dass man sich bei der Wahl der Alternative zwischen Diplomatie und Krieg immer so lange und so gut wie irgend möglich zugunsten der ersteren entscheiden sollte. Solche Chancen wurden historisch durch aufgeregtes Hass- und Rachedenken ohne gegenseitiges Zuhören und miteinander reden fast immer durch zu schnelle und voreilige Waffengänge verpasst. Und diejenigen, die ihre manifesten Interessen durch militärische Kriege durchsetzten, erfuhren fast immer durch mangelndes Wissen und undifferenziertes Ja-Sagen ihrer Bürger die entscheidende Legitimation, ohne die die Kriege ja eigentlich gar nicht möglich wären. Neu und modern bleibt trotz aller aktuellen Unkenrufe zu Gunsten der Waffenlieferungen nach wie vor die pazifistisch so schwierige ernsthafte kreative und langfristige antimilitaristische Friedenspolitik und nicht die Befriedung von Krisenherden mit dann auch noch "ausgemusterten" Waffen. Wir brauchen nicht neue und noch effektivere Tötungstechniken sondern ein neues Bewusstsein für den Preis, den wir für Kriege unnötigerweise zahlen. Dies sei gerade auch unserer neuen Drohnen-Queen Frau Baerbock ins Stammbuch geschrieben.

 

Der Preis des Krieges: Erster Weltkrieg

Der Preis des Krieges: Zweiter Weltkrieg

Der Preis des Krieges: Vietnam

Der Preis des Krieges: Irak

Der Preis des Krieges: Afghanistan

Der Preis des Krieges: Kampf gegen den Terror

 

ZDF Nutzungsbedinungen

(Bitte unbedingt beachten!)



Kriege sind eben nicht nur an sich unmoralisch und insofern zu vermeiden. Sie sind auch viel zu teuer für unsere Kulturen, und "rechnen" sich auf Dauer nicht. Eigentlich gehören die militärischen Aufwendungen in alle Produkte, die wir konsumieren, eingepreist. Spätestens dann werden wir merken, dass die diplomatischen Bemühungen und sozialen Aktivitäten zur Schaffung einer gerechten Weltordnung ohne militärisches Säbelrasseln all unsere Produkte verbilligen und erhebliche auch finanzielle Mittel für den Wohlstand in Frieden freisetzen würden. Stattdessen ignorieren wir aber immer noch die vielen natürlichen, kulturellen, menschlichen und zivilen Wohlstandsverluste, die wir den Kriegen in der Welt verdanken - eigentlich ganz einfache Wahrheiten - viel zu einfach wohl für diejenigen, die alle guten Argumente mit dem Gegenargument killen "Das ist doch nicht neu". "Old School des Pazifismus". Eben!